Ein Tag wie jeder andere. Die Wolken hingen tief über der Stadt und versprachen, dass sie nur pausierten, dass noch lange nicht Schluss war. Bald wieder würden die dicken, weißen Flocken über den Dächern herab rieseln und auch diese Spuren würden verschwinden. Die Winde würden weiter ihr Spiel treiben und die weißen Punkte im Himmel im Kreise tanzen lassen. Wieder würde die Sonne einen Tag fern von Palandur bleiben. Ein Tag wie jeder andere. Stumm waren die Gespräche der Wesen, ausdruckslos ihre emotionsvollen Gesichter. Wertlos das Gold, das an einem Platze wie dem anderen den Besitzer wechselte. Die Augen eines kleinen Mädchens lagen auf den Formen, die die Stiefel und Schuhe der Menschen in den Schnee gedrückt hatten, auf den Mündern, die Lügen und Wahrheiten in die Welt hinaus entließen, ohne dass ihrem Ausdruck dabei ein Unterschied abzugewinnen war, auf den Gewändern und Erscheinungen der Glücklichen um sie her. Jeder schien das Glück als Maske zu tragen, doch in keinem sah sie dieses Gefühl wirklich. Vielleicht, weil es ihr selbst daran mangelte. Ein Tag wie jeder andere.
Fröstelnd schlang das Mädchen die Arme um den Leib und kauerte sich auf dem Treppenabsatz zusammen, den sie sich zum einsamen Sitzplatz erkoren. Rauschend verflogen die Sekunden und jede einzelne verging mit einem höhnischen Grinsen vor ihrem inneren Auge. Das Kinn legte sich mit einem Müden Nachdruck auf die Knie, kraftlos fielen die Haare über die Stirn und verdeckten das Antlitz. Ein Schleier, durch den sie selbst noch beobachten konnte. So war es richtig, so war die Wahrheit: Sie sah alle, doch niemand sah sie. Weil es niemand wollte.
Irgendwo krachte etwas, laute Stimmen erhoben sich streitsuchend über das allgemeine Murmeln. Wieder flog eine grinsende Sekunde davon. Ein Ruck ging durch den Körper des Mädchens, als es sich auf stemmte und mit tonlosem Blick über die Spuren im Schnee davon stapfte. Auf der Flucht vor der Kälte schoben sich die zierlichen Hände in die Taschen der zerfransten Jacke. Sie spürte das kalte Metall der Münzen, die sie an den Grund erinnerten, weshalb sie in die beißende Kälte geschickt worden war. Der Weg, den die tauben Füße nahmen, führte hin zu der Tür, die sich mit einem freudlosen Bimmeln öffnete, und hinter der der verführerische Duft frisch gebackenen Brotes wartete.
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