ein Blick hinter die Schatten...
  Ankrador
 



Es ward eine kalte, sternklare Nacht des späten Herbstes, in der das einzige Licht von den Sternen und den Lichtern der Menschen ausging. Neumond. In den Häusern des Ortes Rignar herrschte Dunkelheit, nur in einzelnen flackerten noch Kerzen, wo Magier ihre Zauber studierten, Kämpfer über vergangene Taten grübelten oder einfach jemand nicht schlafen konnte. Über der ganzen Kleinstadt lag die Ruhe der Nacht, nur vereinzelt waren Laute aus den fast leeren Tavernen oder der nachtaktiven Tiere zu hören. Eine einzelne schemenhafte Gestalt huschte durch die Gassen, auf ein Gebäude zu, dessen Mauern aus älterem Gestein gebaut zu sein schienen, als die übrigen Häuser. Stumm huschte der Schatten an der Wand entlang, auf ein Fenster zu, auf dessen Brett er sich niederlies. Erst, als ein schwarzer Vogel lautlos vom Dach aufstieg, und darüber seine den Tod vorhersagenden Kreise vollzog, kamen wieder Regungen in den zierlichen Körper der Drow. Leichten Fußes schwang sie sich an den Fensterläden hoch, fand Halt am darüberliegenden Fensterbrett, und kauerte bald darauf. Aus dem Fenster daneben schien der kühle Schein einer Kerze, das Licht hatte ein paar Motten angezogen, deren Bewegungen Schattenspiele an der Gegenüberliegenden Hauswand hervorriefen.

Lautlos ließ Alystra einen etwa 20 cm langen, spitzen Gegenstand aus ihrem Ärmel gleiten, der fast so dünn wie eine Nadel, mit fein angeschärfter Seite, das Licht aufzunehmen zu schien, anstatt es zu reflektieren. Vorsichtig schob die Dunkelelfe den Gegenstand in die Ritze des Fensters, wo es geschlossen wurde, und ohne ein Klacken öffnete es sich. Langsam glitt sie in den Raum, darauf bedacht, keine Schutzzauber zu aktivieren. Doch es schien nur ein einziger vorhanden zu sein, vor dem sie durch ein Amulett an einer Kette geschützt war. Schnell war das Fenster wieder geschlossen, und die Dienerin Lloths schlich auf die Tür zu. Sie verspürte keine weiteren Schutzzauber, sodass sie über die Schwelle trat, ohne sich Sorgen zu machen. Nun stand sie gebückt vor einer verschlossenen Tür, durch deren Ritzen das Flackern der Kerze sichtbar war. Ihre dunkle Hand legte sich auf das feste Holz dieses Hindernisses, und kaum zu hören kam ein Murmeln, unverständliche Worte, über ihre Lippen. Schon schwanden die Konturen der dunklen Elfe, ein grau-schwarzer Nebel schob sich langsam unter der Tür hindurch. Er floß in den Ecken des Raumes entlang, immer dort, wo kein Licht ihn berührte. Der alte Mann, der bis jetzt tief über einige Pergamente gebeugt da gesessen hatte, hob alamiert den Kopf, doch kam seine Reaktion zu spät. Schon spührte er, wie sich die Hitze in seiner Kehle ausbreitete, das warme Blut unter seiner schlichten Kleidung seinen Körper entlang lief. Dann verspürte er nur noch Kälte, noch lebend musste er mitfühlen, wie die Leichenstarren bereits einsetzte. Das schleichende Gift erreichte sein Herz, das sogleich zum Stillstand kam.

Steif fiel der Magier zu Boden, die vor Entsetzen aufgerissenen Augen blickten seine mit gezogenen Säbeln über ihm stehende Mörderin an, der Mund war aufgerissen, in dem vergeblichen Versuch, einen Zauber zu wirken. Alystra wischte das Blut, das ihre Klinge beschmutzte, an der einst weißen Kleidung des Menschen ab, mit einem zufriedenen Leuchten in den Augen wandte sie sich der Kerze zu, und blies sie auf. Kurz darauf verließ ein Schatten das Haus durch das einst erleuchtete Fenster, kletterte die Hauswand entlang nach unten. Als die Füße lautlos den Boden berührten, landete die Krähe auf den Schultern ihrer Herrin, Alystra.

Sogleich machte sie sich wieder auf den Weg, lautlos schlich sie von dem Haus weg, in dem der Magier Zarrauk, der sich sein Leben dem Erforschen der Lebensweisen und Vorgehensweisen der Drows gewidmet hatte, steif am Boden lag, ermordet von einem der Wesen, die ihn am meisten interessiert hatten.

Alystra kletterte auf das Dach einer kleinen Scheune, von wo aus es ein Kinderspiel war, auf das nächsthöhere Haus zu gelangen. So sprang sie von Haus zu Haus, an ihrer Seite die wachsame Krähe, bis sie auf dem Dach einer Taverne gelandet war. Hier ließ sie sich nieder, um ihr nächstes Opfer zu suchen. Einen Auftrag hatte sie hier noch zu erledigen, und diese Person vermutete sie in diesem Gasthaus. Plötzlich verspürte sie die alamierenden Gedanken der Krähe, die eine Gestalt in einer Gasse ausgemacht hatte, deren Blick auf sie gerichtet war..



(Anfang von "Der Ruf der Göttin" --> siehe Niederschriften)
 
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